Die wichtigsten Fragen der Zeit?

6:32 – 7:26 _ Freitag

14. Februar 2014 · 1 Jahr 50, Jahrbuch für Freidenker; Robert Smajgert

Klimawandel, Umweltverschmutzung, Überbevölkerung, Nahrungsmitteldesaster, globale und private Sicherheitslagen, Menschenrechte – die Liste der wirklich wichtigen aktuellen Fragen, die unsere Zeit bewegen, ist lang.

Müsste ich auswählen, welches die dringlichste Frage unserer Zeit ist, so würde ich aber behaupten, es ist diese nun schon viele Jahrtausende alte, immer wieder neu sich aufwerfende Frage nach unserem Ich.

Dieses `Erkenne Dich Selbst!´, das den Seherinnen und Sehern im antiken Griechenland so bedeutungsschwer über die Lippen ging, im apollinischen Orakel in Delphi in Stein gemeißelt wurde und in der Folge Bibliotheken füllte und Zeitalter prägte. Schon über 2500 Jahre bestimmt den Menschen nun offensichtlich die Suche nach einer Erklärung für das eigene Wesen und das eigene Sein, wobei das `Erkenne Dich Selbst!´ Bescheidenheit mahnt, Natur erhebt und Tugend fordert.

Bescheidenheit insofern, weil es den Menschen auf seine Grenzen hinweist und klarstellt, dass, was immer er tut, er es stets im Angesicht von Vergänglichkeit und Scheitern tut; dabei ist er immer als Naturwesen anzusehen, er genießt sowohl die Vorzüge als auch Nachteile einer Existenz, die sich aus den Elementen dieses Planeten zusammensetzt, wodurch jedem Streben nach überirdischen Himmeln ebenfalls natürliche Beschränkungen gesetzt erscheinen; schließlich verweist der Selbstfindungsimperativ auf Tugend, Moral und Ethik – jener Handlungsfähigkeit und -bereitschaft unseres menschlichen Daseins zum Besseren; als Möglichkeit, aus vorgegebenen Umständen, das Zuträglichere zu wählen.

`Erkenne Dich Selbst!´ ist mehr als nur ein weiser Spruch, der noch heute berührt.

Er ist förmlich das Basisprogramm, der A-Plan, die Hauptrolle, die der moderne Mensch seit 2500 Jahren verfolgt und besetzt, wobei es so scheint, dass immer noch keine befriedigenden Antworten darauf gefunden wurden. Zumindest keine, die für alle Menschen Gültigkeit haben. So verbinden nicht Wenige Gelehrte mit dieser Frage nach dem eigenen Selbst heute eher ein psychisches Krankheitssyndrom der menschlichen Bewusstseins-weitung statt ein Gut der individuellen, universalen geistigen Reifung.

Anders herum betrachtet, warum geschieht und artikuliert sich dieser Anspruch auf Selbstfindung erst seit 2500 Jahren? Wie ist dieses Denken, dieser Anspruch in uns entstanden? Und, warum ist ein Imperativ eine Frage?