Wenn in diesen Tagen über eine Novelle des Mordparagraphen nachgedacht wird, sollte man sich fragen, was Strafe eigentlich bewirken kann. Und dabei helfen uns, wie nicht selten, Filme. Es ist kein Zufall, dass das Gefängnis in amerikanischen Filmen, aber lange nicht nur dort, ein Ort des Leidens ist. Die Strafe ist schließlich kein Ponyhof und das Gefängnis kein Hotel.
Doch in der Fiktion, die sich in diesem stacheldrahtbegrenzten Raum entfaltet, werden Sympathieträger konträr entwickelt. In der Regel ist der Wärter ein hinterhältiger, bösartiger Sadist, der Gefangene aber ein Held. Natürlich gibt es immer auch die weitläufigen Gefangenen-Klischees von widerwärtig bis unschuldig.
In John Frankenheimers Birdman of Alcatraz zum Beispiel wird der ungleiche Kampf zwischen einem intelligenten Mörder, Burt Lancaster, und dem Gefängnisdirektor, Karl Malden, zum Zentrum der Handlung. „Ich werde Dich bestrafen, so lange und so oft ich kann.“
Das ist das erklärte Ziel der Institution Gefängnis, quasi als eigene Existenzsicherung. In dieser abgeschlossenen Welt, die ihre ganz eigenen Gesetze hat, ist von einem Draußen immer nur dann die Rede, wenn es um den verlorenen Ort geht. Resozialisation ist in diesem Kontext ein Fremdwort der Sozialarbeiter. Drinnen geht es um Macht und Herrschaft.
Die Welt der Kriminellen hat eine gewisse Unentrinnbarkeit und schließt das Wachpersonal fast immer mit ein. Zahllos sind die Filme, die ehemalige Häftlinge erneut straffällig werden lassen. Doch meistens sind sie vom Klischee bestimmt. Die Gesellschaft draußen reagiert unsicher, skeptisch oder gar feindlich und nimmt den Haftentlassenen nicht wieder auf. Der Rückfall in kriminelle Muster bleibt unausweichlich.
Signifikant anders ist es in Sling Blade, dem erstaunlichen Regiedebüt des Schauspielers Billy Bob Thornton. Hier wird der geistig zurückgebliebene Mörder Karl wohlwollend in die Gesellschaft seiner Heimatstadt integriert. Und doch wiederholt sich ein todbringender Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt, der mit juristischen Mitteln kaum zu fassen ist. Nach dem Gesetz ist Karl ein Wiederholungstäter, für die Betrachter des Films allerdings ein Opfer seiner eigenen Lebenswirklichkeit, die aus dem Kontext von Bestrafen und Resozialisieren herausfällt.
Das Gefängnis im Film jedenfalls hat keine integrierende Funktion. Bestenfalls ist es ein Ort der Rache. Und die führt nie zu einem neuen Anfang.
Abbildung: By Giorgio Conrad (1827-1889) (Kiefer Auktionen) [Public domain], via Wikimedia Commons