5:53 – 7:07 _ Mittwoch
26. Februar 2014 · 1 Jahr 50, Jahrbuch für Freidenker; Robert Smajgert
Um angemessener zu beurteilen, was Wissen ist und sein kann, erscheint es hilfreich, einige Grenzziehungen ins Bewusstsein zu rufen, und es nicht nur im Verhältnis zu Meinen und Glauben, sondern auch zu Wahrnehmung, Fühlen, Bewusstsein und Erkenntnis zentraler zu differenzieren.
Wissen benötigt Sprache und Denken, Objektivierung und Kommunikation:
Gegenüber dem Meinen fußt es stärker auf geordneter Kausalitätsbeobachtung gewordener Erscheinungen sowie geronnener Handlungen und ermöglicht eine einheitlichere Reproduzierbarkeit von und Voraussicht auf Wahrnehmungsgehalte(n); vom Glauben trennt es eine haptische Interobjektivität und sinnliche Wahrnehmbarkeit; als aus Sprache geborenes, kognitives Ordnungsmittel selektiert es in einem möglichen Wahrnehmungsspektrum Erscheinungsbildung und Realität; als Bestandteil des Fühlkontinuums der menschlichen Erscheinung unterstützt und potenziert es Empfindungsfähigkeit; die Bewusstseinsfunktion stärkt es um die Komponente erinnerungsgebildeter Vorstellungsimpulse; und für die Erkenntnis dient es als Trainingsplatz der Ideengründung.
Wissen als Ding an sich, als absolute Größe unseres Geistes anzusehen und als unmittelbaren und einzigen Garanten für Wahrheit zu bestimmen, erscheint verfehlt.
Eher erweist es sich als Begleitmedium zur angenehmeren Ausgestaltung unseres Erlebens. Die grundlegenderen Erfahrungen unseres Daseins gewähren unsere körperlichen Wahrnehmungsmittel, sofern wir lernen, ihre Eindrücke mit Hilfe des sprachgenerierten Denkens willentlich in den Bereich des Wissens zu führen, um darüber Einflussmöglichkeiten in unseren ReizReaktionsMechanismus zu gewinnen und diese auszuweiten.
Wissen erweist sich darin als ethisches Handwerkszeug der `psychischen´ Sublimierung körperlich-geistiger Triebkräfte.
Insofern ist Wissen wirklich Macht – es gestaltet die Welt.
Aber nicht im Verständnis um die Grundlagen der Existenz, sondern in Hinblick auf die eigenen Ideen, die wir damit verbinden. Als selbstreferentielle Wahrnehmungslenkung ist die Art und Weise, wie wir Wissen, Ausdruck unserer Vorstellung von dem, was wir für das Bessere halten.
Allerdings ist der Korpus des Wissens ständiger Neubildung unterworfen, und schon morgen kann alles Wissen von heute nichts mehr bedeuten, weil neue Ideen neues Wissen einfordern.