Geteilte Freude ist halbe Freude

Stilleben A40

Meine Freundin hat ein Auto, bei Licht betrachtet sogar zwei, ich habe ein Auto – und wenn wir Kinder hätten, wären diese auch Autobesitzer … Man sieht in Städten wie Essen selbst in sparsam besiedelten Vierteln, dass eine derartige Häufung von Material nicht ohne Folgen für den öffentlichen Raum bleibt. Eine Garage zu vermieten, dürfte in der Stadt deutlich mehr Rendite einbringen als eine Wohnung.

Da klingen Sharingkonzepte nach einem Ausweg aus der aktuellen Wohlstands- und Besitzwachstumsspirale mit einhergehender Ressourcenverschwendung. Und die Vorstellung, dass ich zum Beispiel meine selten genutzten Gartengeräte mit meinen Nachbarn teilen könnte, ist auch verlockend: Wieviel Platz wäre wieder in der Garage – und nicht nur in meiner.

Doch zurück zum Auto: Ich habe schon einige Zeit in Bozen verbracht. Das ist ein kleines (naja, das werden die Bozener anders sehen) Städtchen mit einer engen, alten Innenstadt – und diese ist für Autos vollständig gesperrt. Zunächst ist es ziemlich ungewohnt, auch schwere Einkäufe, Feuerholz und sogar Möbel zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit einem Karren durch fußgängerüberfüllte Straßen zu schleppen. Auch das Entsorgen von angesammeltem Abfall erfordert zwei, drei motivierende Gedanken, bevor man sich umständlich beladen auf den Weg macht.

Doch die Belohnung in Form einer spürbaren „Entschleunigung” und vielen gesunderhaltenden Spaziergängen mit netten Begegnungen macht die Umstellung liebgewonnener Mobilitäts-Gewohnheiten leicht. Ein damit verbundener konsumreduzierender Nebeneffekt ist auch nicht von der Hand zu weisen: Man verzichtet freiwillig auf vieles, da die unvermeidliche Transportplanung die Begehrlichkeit bei großen Dingen auf ein Minimum reduziert.

Und nach einer Weile hätte ich fast anfangen, mich als neuen, zukunftsfreundlichen, nachhaltigen Menschen zu genießen.

Aber natürlich kehrte ich zurück in das Ruhrgebiet. Regen. Kälte. Dunkelheit. Freunde, Bekannte und attraktive Ziele sind großzügig verteilt auf eine Fläche von 4.435 Quadratkilometern. Im Kollegenkreis bin ich mit einem nur 12 Kilometer kurzen Weg zur Arbeit bereits privilegiert. Öffentlichen Nahverkehr gibt es zwar, doch zu den meisten Zielen müsste ich mehrfach umsteigen. Schon die 23 verschiedenen KFZ-Kennzeichen des Ruhrgebiets lassen vermuten, dass man in dieser zersiedelten Region ohne individuelle Mobilitätshilfen nicht vom Fleck kommt.

Ressourcen, Umwelt, Klima? Egal! An einen Verzicht auf mein Auto möchte ich hier wirklich nicht einmal denken – ist doch gerade die individuelle Verfügbarkeit das Schöne am Individualverkehr.

Bei einer derart zukunftsvernichtenden Einstellung werden viele Menschen nicht ganz zu Unrecht kotzen müssen…

Aber so war es wohl schon immer:
Der Krug geht so lange zum Brunnen,
bis er bricht.

A40_Essen

Abbildungen:
„A40-Stillleben (CherryX)“ von CherryX per Wikimedia Commons. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons – http://commons.wikimedia.org/wiki/File:A40-Stillleben_(CherryX).jpg#mediaviewer/File:A40-Stillleben_(CherryX).jpg
„A40 Essen“ von Christian Demski – http://www.piqs.de/fotos/6077.html. Lizenziert unter CC BY 2.0 de über Wikimedia Commons – http://commons.wikimedia.org/wiki/File:A40_Essen.jpg#mediaviewer/File:A40_Essen.jpg