Die Ordnung der Gefühle

8:33 – 9:27 _ Dienstag

18. Februar 2014 · 1 Jahr 50, Jahrbuch für Freidenker; Robert Smajgert

Unsere Gefühlswelt ist mehr als nur eine Begleiterscheinung von Reizungen der Nervenbahnen, sie ist das grundlegende Prinzip jeder Welterfahrung.

smajgert_18_02_2014Angelegt als binäres System unterscheidet der lebendige Organismus immer nur zwischen angenehm und unangenehm und baut darauf seine Lebenswege. Dies ist nicht nur bei Menschen so, sondern erscheint bei aufmerksamer Beobachtung die universale Konstante zu sein, die allen Lebewesen gemeinsam ist.

Verabschieden wir uns also von autarken rationalen Selbstwahrnehmungsbildern unseres Menschseins, in denen wir uns gerne als fühlfreie Ich-Wesen definieren!

Solche Annahmen bleiben Gefangene einer Wahrnehmungsmethode, die nichts an sich bedeutet, sondern allein als Mittel zum besseren Fühlen anzusehen ist, auch wenn wir dem gegenüber komplett unbewusst bleiben.

Die Aktualität des Daseins wird in ihren unendlichen Formen im jeweils aktuellen, aber stets nur binären Fühlen der körperlich-geistigen Erscheinung, die wir darstellen, zu Hundert Prozent gespiegelt. Dies geschieht in Abhängigkeit zur Intensität der Berührung `des Eigenen mit dem Nicht-Eigenen´ über sinnliche Erfahrung und Interessensausrichtungen.

Zum Fühlen als Grundkonstante des aktuellen Daseins gesellt sich das Gefühl als mentales Fühlreservoir durch Erinnerungsbildung. Während Fühlen sowohl körperlich wie geistig geschieht, bleiben Gefühle geistige Ereignisse, die aktuelle körperliche und geistige Empfindungen eines in Raum und Zeit entfalteten Lebens hinterlegen und prägen.

Die Fähigkeit zur Gefühlsbildung aus mentalen Prozessen bei körperlichen Organismen erscheint als absolut notwendiges Phänomen des Lebens selber und muss demnach für jedes Leben angenommen werden. Der Unterschied zwischen niederen und höheren biologischen Entwicklungsformen beschränkt sich dabei auf die Komplexität der möglichen Erinnerungsbildung in Hinblick auf ihre Verwertbarkeit für den aktuellen Fühlimpuls.

Spezifisch für die Fähigkeit zur aktiven Gefühlsbildung beim Menschen erscheint der mentale Zustand der Indifferenz, der Fühlreaktionen temporär auszusetzen vermag und dadurch die die Vielfalt der Verhaltensweisen erhöht.

Allerdings ist Indifferenz niemals ein autonomer Gefühlszustand, sondern stets nur eine Variante der Fühlmodifikation.